Ein treuer, aber unabhängiger Sohn – Vom Widerstreit zwischen Parteidisziplin und Eigenständigkeit

Willi Münzenberg bei einer Rede, 1933

Der diese Worte schreibt, ist ein langjähriger Weggefährte. Ihre Veröffentlichung ist Antwort auf zunehmende Angriffe gegen den Freund.

Münzenberg ist Mitglied der gerade gegründeten KPD, ihr Abgeordneter im Reichstag von 1924 bis 1933 und Mitglied ihres Zentralkomitees ab 1927. Er ist ab 1921 Generalsekretär der IAH und Funktionär der Komintern. Er organisiert, agitiert und propagiert für Bewegung und Partei. Er übernimmt Aufträge und erstattet Bericht. Er setzt dies im Pariser Exil fort. Er steht für die wechselvolle und widersprüchliche Strategie seiner Bewegung.

Münzenberg inspiriert, gründet und leitet unabhängige publizistische und andere wirtschaftliche Unternehmungen und Organisationen. Er trägt materielle Verantwortung. Er arbeitet mit Redakteur:innen, Verlegern, Schriftstellern, Künstlern, Wissenschaftlern, Intellektuellen unterschiedlicher Herkunft und Auffassungen. Er motiviert sie. Er akzeptiert sie als Partner. Er trägt den wechselnden und widersprüchlichen Existenzbedingungen der Unternehmungen, ihrer Protagonist:innen und ihrer Rezipient:innen Rechnung.

Münzenberg lebt im Widerstreit dieser Pole. Er verbindet sie für die Durchsetzung seiner Überzeugungen und Ziele. Er gerät in ihre Antagonismen. Er ist angreifbar. Er greift an.

Willi Münzenberg und Walter Ulbricht im Plenum des Reichstags

„Nach Lenins Tod war Münzenberg schon unentbehrlich. Seine Tageszeitungen, seine Illustrierten Zeitschriften, seine Filmunternehmungen, seine Volksspeisungen, seine Russland-Fahrten für ebenso radikale wie bedürftige Feuilletonisten, Redakteure, Romanschriftsteller, Dentisten, Violonisten und sonstige Intellektuelle, ließen ihn auch der offiziellen Partei als einen Mann ohne Maß im Fleiß erkennen, von dem man profitieren könnte und müsste. Er galt als ungeratener, aber dennoch treuer Sohn.“
Valeriu Marcu, Die Propaganda, in: Das neue Tagebuch, Paris, 1937

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