Erobert den Film/vom radikalen Versuch einer roten Traumfabrik (Meshrabprom/Prometheus)

Aufnahmeapparat des Deutschen Tonfilm-Syndikats, AIZ, 1929

Es sind die bewegten Bilder vom Hunger an der Wolga, in denen Münzenberg das Eindringliche im Hungerjahr 1921 erkennt. Doch Mangel am geeigneten Produkt, Zensur und film-rechtlicher Protektionismus in Westeuropa stehen der Ausnutzung des neuen Mediums entgegen. Münzenberg dringt auf Eigenständigkeit in Produktion, Verleih und Aufführung und handelt.  Meshrabprom/Prometheus entsteht, gründet Ableger, gewinnt Partner, verwertet multimedial und ist keine Traumfabrik.

Filmplakat Panzerkreuzer Potemkin

Sie produziert im Zeitraum zwischen 1921 und 1936 fast 600 Spiel-, Dokumentar-, Lehr-, Industrie- und Animationsfilme. Darunter Mutter Krausen Fahrt ins Glück und Kuhle Wampe. Ihr Verleih öffnet deutschem und internationalem Massenpublikum den Zugang zum Neuen, dem sowjetischen Film. Darunter sind Eisensteins Panzerkreuzer Potemkin und Oktjabr. Diese Film Fabrik erzielt Erlöse und ermöglicht die Beschaffung dringend benötigter Rohfilme, kinotechnischer Apparaturen und ausländischer Filme für die Sowjetunion.

In beständiger, existentieller Auseinandersetzung mit den Zwängen der widersprüchlichen und wechselnden politischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Verhältnisse sowie dem Aufkommen des Ton-Films verengen sich Anfang der dreißiger Jahre die Möglichkeiten. Mit der Machtergreifung der Nazis werden alle sowjetischen Filme in Deutschland verboten, die Filmkopien des Verleihs beschlagnahmt. Eine Anordnung zur Auflösung gefasst durch das Organisationsbüro des ZK der Kommunistischen Allunions-Partei (Bolschewiki) macht Meshrabprom 1936 letztlich den endgültigen Garaus.

„Selbst wenn zahlenmäßig die Presse heute noch von einer größeren Personenzahl gelesen wird, als die der Filmbesucher ist, so darf nicht vergessen werden, dass der Film durch das gesehene Bild in viel stärkerer und eindringlicherer Weise auf die Zuschauer wirkt als das geschriebene Wort auf den Zeitungsleser.“
Willi Münzenberg, Erobert den Film, 1925

 

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