Mit praktischer Solidarität gegen Hunger und für Aufklärung die Internationale Arbeiterhilfe (IAH)

Speisestelle der IAH

Das von Intervention, Bürgerkrieg und inneren Auseinandersetzungen der jungen Revolution ausgezehrte Land hungert. Der Zusammenbruch scheint unmittelbar bevor zu stehen.

Die neue Aufgabe zur Koordination der Hungerhilfe für Sowjetrussland setzt eine Zäsur für Münzenbergs Leben und seine politische Tätigkeit. Es entsteht die Internationale Arbeiterhilfe (IAH). Münzenberg wird ihr Generalsekretär. Ihr widmet er sich mit praktischem Organisationstalent, enormem Einfallsreichtum, propagandistischem Geschick und Erfolg.

Was mit Hilfe durch Nahrungsmittel, Kleider- und Geldspenden beginnt, dehnt sich bereits kurz nach ihrer Gründung auf direkte wirtschaftliche Tätigkeit aus. Die IAH übernimmt in der Sowjetunion mehrere Betriebe und trägt zur Wiederbelebung der Wirtschaft bei. Sie gründet mit der Aufbau, Industrie- und Handels AG eine deutsch-russische Handelsgesellschaft und lernt,
die Klaviatur der real existierenden kapitalistischen Wirtschafts- und Rechtsverhältnisse zu bespielen.

In den Folgejahren wird die IAH zur größten und tatsächlich internationalistisch agierenden proletarischen, nicht parteigebundenen Massen-Hilfsorganisation mit einem weitverzweigten Netz aus nationalen Sektionen und lokalen Hilfskomitees. Sie sammelt Spenden. Sie unterstützt mit Suppenküchen, Streikkassen und Kinderheimen Arbeiter und deren Familien in Notlagen
und Arbeitskämpfen. Sie ist Hilfe zur Selbsthilfe.

In Erwägung, dass Mobilisierung der Massen ihrer Bildung und Aufklärung bedarf, setzt Münzenberg von Beginn an auf Vielfalt in Kampagnen und neue Formen der Propaganda.

Die IAH dehnt so ihre Hilfstätigkeit auf alle Kontinente aus. Bis in die 1930er Jahre wächst sie auf 18 Millionen Einzel- und Kollektivmitglieder weltweit an. Die Machtergreifung der Nazis und die Stalinisierung in Sowjetunion und der Bewegung setzen das Ende der IAH. In dieser Zange hat die allgemeine, freie Assoziation der proletarischen Solidarität keine Chance.

„Hilfe tut not. Die Sowjetrepublik der Arbeiter und Bauern erwartet diese Hilfe von den Werktätigen, von den Industriearbeitern und kleinen Landwirten. Die Massen der einen wie der anderen werden selbst vom Kapitalismus und Imperialismus überall unterdrückt, aber wir sind überzeugt, dass sie trotz ihrer eigenen schweren Lage, die sich aus der Arbeitslosigkeit und der wachsenden Teuerung ergibt, unserem Appell Gehör schenken werden.“
W. I. Lenin, Appell an das internationale Proletariat, 1921

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