Von der Bereinigung der „Differenzen mit Moskau“ – Der Verräter, Stalin, bist du!

Abschluss des Deutsch-Sowjetischen Grenz- und Freundschaftsvertrages 1939, Wikipedia

Es sind die beunruhigenden Nachrichten aus Moskau. Schauprozesse, Selbstbezichtigungen, Verurteilungen und Hinrichtungen der alten Garde der Bolschewiki sowie enger Kampfgefährten Lenins. Die Abkehr von der Volksfront. Der Ausschluss aus dem ZK der KPD. Kontrollen, Rügen, Falschinformationen, Intrigen, Vorladungen, Absetzung, Auflösung. Sie setzen Münzenberg in wachsenden Widerspruch zur Führung der Komintern, der sowjetischen KP und deren Generalsekretär. Allein er arbeitet weiter, bleibt in Paris, ergreift neue Initiativen.

Im Sommer 1939 stürzt die Unterzeichnung des „deutsch-sowjetischen Nichtangriffspaketes“ seine Bewegung in Unglaube, Ratlosigkeit, Zerrissenheit und Zerbrechen. In diesem Moment findet Münzenberg in der Die Zukunft die Kraft für eine radikale Auseinandersetzung mit der stalinistischen Negation der Prinzipien von Sozialismus, Internationalismus und Demokratie.

„Wir ersuchen Dich deshalb… Deine Erholungsreise abzubrechen und nach M. zu reisen, um dort die Differenzen zu klären“
Schreiben des Sekretariats des ZK der KPD vom 6. Juli 1937

Willi Münzenberg, Die Zukunft, 1939

„… Welche Absichten auch immer Stalin vorgeben mag und welche wirklichen Absichten er auch immer für den Überfall auf Polen gehabt hat, mit der demokratischen Friedenspolitik eines sozialistischen Staates hat diese imperialistische Gewaltmethode nichts zu tun […] Der Stalin-Hitler-Pakt und der Einmarsch in Polen demonstrieren in dramatischer Weise die Entwicklung Russlands in den letzten Jahren. Die alte Ideologie, die Prinzipien der kollektiven Sicherheit und die nur als Tarnung mühselig mitgeschleppten sozialistischen und internationalistischen Doktrinen sind in Stalin-Russland ein für allemal tot und begraben. […]
Die Folgen des schändlichsten Verrates sind heute noch unabsehbar. Es ist der schwerste Schlag, den die Arbeiterbewegung und die Front des Friedens und der Freiheit erhalten haben.
So schwer und so ernst auch die Folgen dieses Überfalls sind, eins ist damit eingetreten, die Fronten sind klar geworden. Frieden und Freiheit müssen verteidigt werden, gegen Hitler und Stalin. […] Mit doppeltem Recht gilt heute, was wir vor wenigen Wochen schrieben: ‚Die Stellung des Feindes ist klar. Der Feind steht in Deutschland. Er heißt Hitler und sein System. Gegen diesen Feind, gegen diesen Todfeind des deutschen Volkes und der Freiheit auf der Welt, gilt es verstärkt zu kämpfen. Und Hitlers Feinde sind unsere Freunde und Hitlers Freunde sind unsere Feinde.‘
Jahrelang hat eine ausgehaltene Presse gehetzt und verleumdet, hat Hunderte von niederträchtigen Lügen verbreitet, Tausende tapfere Arbeiter verdächtigt, keine Nummer der ‚Volkszeitung‘ erschien, die nicht hundertmal wiederholte: ‚Nieder mit dem Schädling, nieder mit dem Verräter.‘ Heute stehen in allen Ländern Millionen auf, sie recken den Arm, rufen, nach dem Osten deutend: Der Verräter, Stalin, bist Du!“

Willli Münzenberg, Der russische Dolchstoß, 22. September 1939

 

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