Von Erfurt in die Welt – Die Lehr- und Wanderjahre des Willi Münzenberg

Als Nachzügler wird das vierte Kind eines Gastwirtsehepaares Wilhelm (Willi) Münzenberg am 14. August 1889 in Erfurt geboren. Nach dem frühen Tod der Mutter wird der väterliche Dorfgasthof bei Gotha seine erste Schule. Arbeit in der Gaststube, Umgang mit den Gästen und deren Lebenswelt sowie handgreifliche Konfrontationen mit dem trinkenden Vater prägen den Heranwachsenden mehr als unregelmäßige Besuche einer überfüllten Dorfschule. Nach dem schnellen Abbruch einer Friseurlehre tritt Willi Münzenberg 1904 als Leistenjunge in eine Erfurter Schuhfabrik ein. Es ist ein Vorarbeiter, der seine Aufmerksamkeit auf den sozialdemokratischen Arbeiterbildungsverein Propaganda lenkt. Er wird jüngstes Mitglied, kurze Zeit später sein Vorsitzender, ist lernend Lehrender, politisiert die Vereinstätigkeit und gerät so in Widerspruch zur sozialdemokratischen Parteibürokratie.

Gruppenfoto vom Bildungsverein Propaganda

Es sind die beengten Verhältnisse der Stadt, der Mangel an Arbeitsmöglichkeiten für den Ungelernten und die Neugier auf das Leben und die Menschen, die ihn ab 1910 auf die Walz bis in die Schweiz führen. Ursprünglich nur als Durchgangsstation geplant, ist diese bis 1918 seine neue, vor allem politische Heimat und Schule. Der Kampf gegen Nationalismus, Militarisierung und
Krieg beherrscht in jenen Jahren vor und während des I. Weltkriegs seine Tätigkeit in sozialdemokratischen Jugendvereinen. Der Kontakt mit der russischsprachigen Emigration um Lenin wird 1915 zu einem politischen Wendepunkt.

Sympartiekundgebung für Münzenberg

Als Zimmerwalder Linker repräsentiert er die Jugend-Internationale, unterstützt die Arbeit der Bolschewiki und charakterisiert im Mai 1918 die Oktoberrevolution als Vorbild für eine mögliche deutsche Entwicklung. Am 10. November 1918 weist die Schweiz ihn als unliebsamen Ausländer aus. Münzenberg gerät in Stuttgart direkt hinein in den Strudel der Novemberrevolution. Er tritt in die Spartakusgruppe ein, agitiert auf Plätzen und in Wirtshäusern, wird für einen Tag Herausgeber des revolutionären Organs Rote Flut und letztlich als einer der „Rädelsführer des Aufruhrs“ verhaftet.

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